Von Anfang an stand die medizinische Betreuung und Versorgung im Lager an erster Stelle, um die Ankommenden zu versorgen. Gleichzeitig sollte eine Verbreitung ansteckender Krankheiten verhindert und die drohende Gefahr von Epidemien eingeschränkt werden. Zu dem Aufgabenbereich des Gesundheitsdienstes des Lagers gehörte die klinische Untersuchung der Ankommenden, die ärztliche und pflegerische Betreuung der Kranken und Säuglinge, ärztliche Gutachtertätigkeiten, die allgemeine hygienische und seuchenhygienische Überwachung des Lagers sowie ab 1949 die Ermittlung ansteckender tuberkulöser und geschlechtskranker Personen.

Im Juli 1949 waren aufgrund eines Kabinettsbeschlusses der Niedersächsischen Staatsregierung Reihenuntersuchungen auf Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten veranlasst worden. Mit Hilfe von Spenden des Schweizer und Schwedischen Roten Kreuzes konnten Röntgenuntersuchungen durchgeführt werden. Bei allen 15 bis 55jährigen Personen wurden Blutuntersuchungen durchgeführt. 1950 konnte ein Facharzt für Haut-und Geschlechtskrankheiten eingestellt werden und alle im Lager anlaufenden Personen zwischen 15 und 55 Jahren wurden einer Abstrichuntersuchung auf Gonorrhoe unterzogen. Für die weitere Betreuung wurde eine Fürsorgerin eingestellt. Die Sanitätsabteilung bestand 1952 aus fünf Ärzten, 21 Schwestern und einer Dame, die für die Führung der Tuberkulose-Kartei zuständig war.

Der Aufbau des medizinischen Bereichs

Dr. Hermann W. Zelle, der zwischen 1949 und 1956 als Arzt im Lager beschäftigt war, erinnert sich in einem Bericht über seine Tätigkeit im Lager, dass zu seiner Zeit der medizinische Bereich in eine Männer-, Frauen-, und eine Kinderabteilung aufgeteilt worden sei, später sei noch eine spezielle Kinderabteilung dazu gekommen. Kinder mit ansteckenden Krankheiten seien nach Gifhorn ins Kreiskrankenhaus verlegt worden. Es habe eine Aufnahmestation, eine Isolierstation für ansteckende Krankheiten, aber auch gegen Ungeziefer gegeben. Als weiteres eine Ambulanz, Apotheke, Labor, Röntgenabteilung und Desinfektion. Sämtliche Bereiche seien regelmäßig streng kontrolliert und desinfiziert worden. Kam ein Flüchtling an, habe er nach seiner Anmeldung einen Laufzettel erhalten. Dann sei sofort eine Desinfektion vorgenommen worden, bei der DDT-Pulver in die Kleidung gesprüht worden sei. Danach seien verschiedene Untersuchungen durcheführt worden, so eine Röntgenuntersuchung hinsichtlich Tbc. Es seien Blutproben von allen Flüchtlinge über 15 Jahre entnommen worden, um Syphilis und andere Geschlechtskrankheiten erkennen zu können. Die Proben wurden zuerst nach Lüneburg geschickt, später habe man sie im eigenen Labor auswerten können. Es sollten grundsätzlich alle Ankommenden auf ansteckende Krankheiten untersucht werden. Dies war umso wichtiger, da auch der größte Teil der nicht anerkannten Flüchtlinge im Westen blieb und damit ohne Untersuchung ein potentielles Ansteckungsrisiko gewesen wäre.
Hinsichtlich der Entlausungsprozedur schütteln sich allerdings im Nachhinein auch noch einige Zeitzeugen, es gab auch kritische Anmerkungen hinsichtlich der Wirkung. So ein Zeitzeuge des Jahres 1951:

„Die Entlausung besteht darin, dass bei vollständiger Bekleidung mittels einer riesigen Insektenspritze etwas Pulver in den Hals hinter dem Kragen und eine weitere Portion in den Hemdausschnitt gespritzt wird. Die Prozedur wirkt eher etwas lächerlich als unangenehm und man kann sich eigentlich nicht vorstellen, dass der gewollte Zweck erfüllt wird.“

Säuglinge und Kinder im Zentrum der Bemühungen

Säuglinge und Kleinkinder waren besonders durch die schlechte Ernährung und Unterkunft von Krankheiten bedroht. Daher hatte bereits Anfang des Jahres 1949 das DRK im Lager eine Säuglingskrippe eingerichtet. Hier wurden Kinder bis zu zwei Jahren von einer Schwester und drei weiteren Helferinnen betreut. Es hatte sich herausgestellt, dass mehr als 70 % der Kinder krank waren. Es wurden in einer eigens dafür vorgesehenen Küche Mahlzeiten auf ärztlicher Anordnung für die Kinder zubereitet. Die Station wurde kurze Zeit später vom Land Niedersachsen als Säuglingsabteilung übernommen, für die – als erster Steinbau des Lagers – ein Haus gebaut wurde. Denn bereits Anfang 1950 hatte der verantwortliche Lagerarzt, Medizinalrat a.D. Dr. Kremp, erklärt, die Verantwortung für die kranken Kinder nicht mehr übernehmen zu können, da die Krankenhäuser vor Ort schon überfüllt seien, und ein weiterer Transport für die erkrankten Kinder nicht mehr zumutbar sei. Heinrich Albertz engagierte sich darauf hin beim zuständigen Regierungspräsidenten in Lüneburg um die Bereitstellung der
Mittel.Vermutlich konnten die Vorfälle von 1949, wo es zu Typhus-Sterbefällen von Kleinkindern im Lager gekommen war, genutzt werden, um den zögerlichen Verwaltungsbehörden die brisante Situation deutlich vor Augen zu führen.
Insgesamt wurde ein großer Teil der gesundheitlichen Vorsorge mittels Speisungen, Kuren und dergleichen durch die Arbeit und Unterstützung der Wohlfahrtsverbände ermöglicht.