Die Kirchen- und Kulturbaracke war mit ihren regelmäßigen Gottesdiensten und vielen kulturellen Veranstaltungen gewissermaßen das Zentrum der Arbeit der Einsatzgruppe. Den Menschen sollte während des beengten Lagerlebens ein Rückzugsort geboten werden. Hier war u.a. auch eine Bibliothek untergebracht. 1951 brannte das Gebäude nieder, das erst im Jahr zuvor eingeweiht worden war, was natürlich einen herben Schlag für den gesamten Lageralltag bedeutete. Djuren benachrichtigte das Landeskirchenamt einige Tage nach dem Brand über dem Vorfall. Er berichtete, dass die Lagerkirche seinerzeit von der Lutherischen World Federation, der norwegischen RER Europahilfe und dem niedersächsischen Flüchtlingsministerium errichtet worden sei, da anerkannt worden sei, dass die vielen leidgeprüften Menschen eine Stätte der Besinnung, Ruhe und Sammlung benötigten. Zur Zeit kämen täglich circa 500 Menschen ins Lager. In der Baracke seien seit ihrem Bestehen viele Veranstaltungen gelaufen.

„Erbauliche und unterhaltende Veranstaltungen, die durch das Amerikahaus, die „Brücke“, die norwegische Europahilfe und Laienspielgruppen aus Uelzen und Umgebung unterstützt wurde, lösten einander ab, während am Tag Lesende und Briefschreibende einen Platz fanden, wo sie ungestört ihren Vorhaben nachgehen konnten. Eine ansehnliche Bücherei, die dort untergebracht war, stand zur Verfügung und half gleichzeitig zu verhindern, dass vor allem auch die Jugendlichen ihren Lesehunger an minderwertiger Lektüre stillten.“

Ein Teil der Baracke sei auch zur Lagerung der für die laufende Unterstützung vorgesehenen Bekleidungs- und Nahrungsvorräte genutzt worden.

Kirchen- und Kulturbaracke | Ein Neuanfang

Die Kirchen- und Kulturbaracke konnte mit Hilfe von Versicherungsgeldern und erneuten Spenden bereits 1952 wieder aufgebaut werden und entwickelte sich bald wieder zu einem großen Anziehungspunkt innerhalb des Lagers, wobei sich vor allem die Einsatzgruppe um ein abwechslungsreiches, unterhaltsames Kulturprogramm bemühte. Dabei erfuhr sie vielfältige, oft unentgeltliche Hilfe diverser Künstler und Organisationen. So erläuterte Herr Brauner im Jahr 1954 dem niedersächsischen Flüchtlingsministerium hinsichtlich der kulturellen Betreuung im Lager, dass wöchentlich circa 4 bis 5 Veranstaltungen angeboten werden könnten. In besonderen Fällen würde vom evangelischen Hilfswerk, das den Großteil der Finanzierung trage, ein Eintrittsgeld von 10 bis 20 Pfennig erhoben. Viele Künstler würden gratis auftreten, so die Landesbühne Hannover, die Braunschweiger Landesbühne und der „Vorstoß“ aus Hamburg. Das Amerikahaus aus Hamburg habe Spielfilme, Musikabende und Jugendstunden umsonst angeboten, der nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) habe häufiger bunte Abende präsentiert. Auch einzelne Künstler hätten Gratisveranstaltungen gegeben, mitunter würden vom Hilfswerk die Transportkosten erstattet. Außerdem würde die evangelische Filmkammer laufend Filme anbieten. Diverse Laienspielgruppen und Jugendverbände würden Veranstaltungen organisieren, und für diesen Zweck mit Fahrzeugen des Lagers transportiert. An den veranstaltungsfreien Abenden stünde ein Fernsehgerät zur Verfügung. Diakon Djuren resümierte für das Jahr 1956, dass durchschnittlich 25 Veranstaltungen im Monat mit 180 Besuchern stattgefunden hätten, insgesamt habe man 54.000 Besucher gehabt. Die Veranstaltungen waren bei den Flüchtlingen, aber auch bei den Angestellten des Lagers so beiebt, dass der Lagerleiter bereits 1954 Teilnahmebedingungen für das Lagerersonal verkünden musste:

„Grundsätzlich finden Veranstaltungen in der Kulturhalle für Flüchtlinge (Lagerinsassen) statt. Für die Lagerbediensteten und ihre Familienangehörigen werden sofort Platzkarten ausgegeben. Diese berechtigen zum Eintritt in die Kulturhalle gegen Zahlung einer Anerkennungsgebühr. Letztere ist bei Eintritt in die Kulturhalle unter Vorzeigen der Platzkarte zu entrichten. Die Anerkennungsgebühr richtet sich nach dem Grad der Veranstaltung, dient zur Deckung der Kosten und ist aus dem Programm ersichtlich, das in Zukunft rechtzeitig an den dafür vorgesehenen Schwarzen Brettern ausgehängt wird. Die Veranstaltungen, die jugendfrei sind, werden besonders gekennzeichnet. Es wird besonders darauf aufmerksam gemacht, dass Außenstehenden der Eintritt zu den Veranstaltungen nicht gestattet ist.“

Bei voller Belegung des Lagers sei für das Personal die Platzkartenzahl beschränkt. Der Hinweis auf das Teilnahmeverbot außenstehender Personen war auch eine Sicherheitsmaßnahme und steht im Zusammenhang mit einem Vorfall von Aktendiebstählen in diesem Zeitraum. Brauner wies in einem Anschreiben an die Einsatzgruppe darauf hin, dass aufgrund dieser Vorfälle Besucherkontrollen verstärkt erforderlich seien. Es habe sich herausgestellt, dass Außenstehende behauptet hätten, zu bestimmten Veranstaltungen eingeladen worden zu seien, was sich aber als falsch herausgestellt habe. Er bat deshalb, alle Veranstaltungen auf Lagerinsassen zu beschränken.

Das Kulturangebot im Lager muss besonders für viele Jugendliche attraktiv gewesen sein. So erzählt Rudolf Mentasti, das nicht nur er als Sohn einer Angestellten des Lagers diverse Theatervorstellungen besucht habe, sondern auch viele junge Leute aus der Umgebung. Auch Hanna Gross, die als älteste Tochter des Verwaltungsleiters Hermann Gross seit 1955 mit ihrer Familie im Lager lebte, betont, dass das Kulturangebot für sie damals sehr gut gewesen sei. Viele Bücher habe man ansonsten nicht lesen können, und

„Theater gab es andauemd. Es war immer voll. Die Jugendgruppen haben auch immer Veranstaltungen in der Kulturhalle gemacht. Die haben sich viel einfallen lassen, möglichst fünf Tage in der Woche, sonntags immer Gottesdienst.”