Die Bemühungen um eine Verbesserung des Lageralltags hingen sowohl von der wirtschaftlichen Situation des Landes Niedersachsen als des Bundes ab, aber auch von der Entwicklung der allgemeinen politischen Situation. So standen erst 1952 die nötigen Mittel für Modernisierungsmaßnahmen zur Verfügung.
Beispielsweise wurden die alten Holzbetten des Lagers gegen Stahlbetten ausgetauscht und mit Matrazen ausgestattet; davor hatten sich die Flüchtlinge noch mit Strohsäcken begnügen müssen. Auch Massivbauten konnten in dieser Zeit erstellt werden. Diesen Geldsegen hatte man vermutlich der Errichtung der Sperrzone von Seiten der DDR zu verdanken. Damit war die deutsch-deutsche Problematik wieder verschärft ın das öffentliche Interesse getreten. So besuchte der Minister für Gesamtdeutsche Fragen, Jakob Kaiser, am 26.6.1952 das Bohldammlager und erkundigte sich beim Lagerleiter, was angesichts der veränderten Situation für das Lager getan werden könne. Brauner antwortete, dass man 800.000 Mark benötige, um das Lager zum „Schaufenster der Bundesrepublik“ herzurichten, aber 300.000 als Sofortmaßnahme für Betten, Bettwäsche u.a. wären auch akzeptabel. Der Bundesminister sagte Unterstützung zu. Es sei eine einmalige Gelegenheit „im Rahmen der jetzt als Sofortmaßnahme bereitgestellten Mittel die dringendsten Verbesserungen durchzuführen.“
Der Lagerleiter nutzte geschickt die „Gunst der Stunde“, um finanzielle Unterstützung zu erhalten, die er für das Lager dringend benötigte. In der Zeit davor hatte es bereits verschiedentlich Klagen über den schlechten Zustand des Lagers gegeben, so zum Beispiel von einem CDU-Abgeordneten des Bundestages, der sich 1951 über die Zustände in den Flüchtlingslagern einen Eindruck vor Ort verschaffen wollte.? Dieser Eindruck wurde von anderen geteilt, beispielsweise von einem Juristen, der der Vereinigung der Juristen und Beamten aus der sowjetischen Zone angehörte und auf Wunsch des Königssteiner Kreises einen Bericht seiner Eindrücke und Erfahrungen als Flüchtling gab. Der Mann hatte bereits in Berlin die Anerkennung seines Status als politischer Flüchtling erhalten und begab sich „zwecks Klärung des staatsbürgerlichen Verhältnisses in der Bundesrepublik“ am 13.6.1951 ın das Bohldammlager. Allgemein hatte er einen guten Eindruck vom Lager, es sei freundlich und höflich dort, die Menschenwürde sei überall gewahrt, aber er hatte auch deutliche Kritikpunkte:
„Das Antreten der Flüchtlinge in langen Reihen mit Blechbüchsen, verrosteten Blechtellern, die aus dem Schutt gewühlt sein mögen, pp. wirkt deprimierend und KZ-Haft. Essräume fehlen vollständig. Die Flüchtlinge verzehren ihre Mahlzeiten unter freiem Himmel bei Wind und Wetter, zumeist stehend. Die Toilettenverhältnisse sind mangelhaft und bedürften der Verbesserung. Besonders schlecht ist die Unterkunft in den Schlafbaracken. Die Entlüftung ist nicht gut. Die Decken müssen jeden Tag abgegeben werden, sodass niemand die Decke vom Vortage am nächsten Tag abermals erhält. Eine Reinigung findet inzwischen nicht statt. Die Familienbaracken müssten besser getrennt werden, die Art der Entlausung sei Unsinn, die sollte nach ärztlicher Anweisung bei entsprechenden Personen gründlich vorgenommen werden.”
Auch wenn man gerade in den Anfangsjahren mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte schien sich das Lager dennoch hinsichtlich seiner Organisation und Verwaltung zu eine; effizienten Einrichtung zu entwickeln. Die vielen Danksagungen von ehemaligen Flüchtlin. gen an den Lagerleiter sind zudem ein Hinweis dafür, dass sich die Menschen in der Regel freundlich behandelt und gut versorgt fühlten. Der freundliche Umgang mit den Flüchtlingen gewinnt noch mehr an Bedeutung hinsichtlich der Strapazen und Ängsten vor einer ungewissen Zukunft, die viele mit ihrer Flucht auf sich genommen hatten.
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