Ab 1947 kamen mit der zunehmenden politischen Verhärtung zwischen Ost und West neben den Vertriebenen immer mehr Menschen aus der sowjetisch besetzten Zone in den westlichen Teil Deutschlands. In seiner berühmten Rede von Fulton hatte Churchill bereits am 5. März 1946 konstatiert, dass Europa vom befürchteten Eisernen Vorhang zertrennt werde. Das alte Misstrauen zwischen den westlichen Demokratien und der UdSSR, das durch das gemeinsame Ziel, Hitler-Deutschland zu besiegen, in den Hintergrund getreten war, brach wieder hervor.”
Die Einrichtung einer Bi-Zone als Gegenpol zu Russland
Zum 1. Januar 1947 hatten sich der britische und amerikanische Bereich zur Bi-Zone zusammengeschlossen. Die im März 1947 durch Truman verkündete beabsichtigte politische Eindämmung der UdSSR sollte mit wirtschaftlicher Aufbauhilfe der westlichen Partner Amerikas gestützt werden, und es wurde in Aussicht gestellt, dass auch Deutschland daran teilhaben könnte.
Die UdSSR ihrerseits – das Atomwaffenmonopol der USA vor Augen – sah sich zunehmend um die Früchte des Sieges, u.a. in Form von Reparationen aus dem Ruhrgebiet, gebracht und versuchte, ihren Machtbereich abzusichern. In der sowjetisch besetzten Zone war anfangs zwar verkündet worden, kein System nach sowjetischem Vorbild etablieren zu wollen. Es wurde aber bald offensichtlich, dass alle Schlüsselpositionen mit Kommunisten besetzt wurden und an ein von Moskau unabhängiges Handeln nicht zu denken war. Die Gemeindewahlen 1946 in der Ostzone und Berlin hatten dagegen gezeigt, dass der Herrschaftsanspruch der frisch zwangsfusionierten SED nicht gesichert war. Die Partei versuchte darauf hin, vor allem mit der Strategie der Volkskongressbewegung der Jahre 1947/48 ihren Einfluss weiter auszubauen. Dabei wurde die SED auch bald zu einer „Partei neuen Typs“, d.h. nach dem Vorbild der KPdSU umgeformt. Ein bis dahin gepriesener eigenständiger Weg zum Sozialismus war nicht mehr möglich, und die Stalinisierung der Partei wurde vollzogen. Der Kalte Krieg und Auseinandersetzungen innerhalb des kommunistischen Blocks, beispielsweise zwischen Stalin und Tito, hatten deutliche Auswirkungen auf den Weltkommunismus und damit auch auf die Entwicklung der SED.
Erneute Zuspitzung im geteilten Deutschland
Im Jahr 1948 spitzte sich die Situation im geteilten Deutschland nochmals dramatisch zu. Bereits die Konferenzen der alliierten Außenminister 1947 in Moskau und Paris hatten die schweren Differenzen deutlich werden lassen mit der Folge, dass die alliierte Verwaltung in Deutschland zusammenbrach. Am 20. März 1948 verließ die sowjetische Delegation den alliierten Kontrollrat, am 16. Juni folgten die sowjetischen Vertreter der alliierten Kommandantur in Berlin. Die Einführung getrennter Währungen zerriss auch die wirtschaftliche Einheit, mit der Blockade Berlins versuchten die Sowjets, die ganze Stadt in ihren Einflussbereich zu bekommen.
Diese Aktionen wiesen deutlich auf den labilen Zustand und die ungewisse Zukunft des geteilten Staates hin, was sich wiederum deutlich im Verlauf der ost-westlichen Wanderungsbewegung niederschlug.
Das Land Niedersachsen, im November 1946 offiziell gegründet, sah sich als Grenzland mit einer 540 km langen Zonengrenze durch die großen Flüchtlingsbewegungen und den vielen nicht geklärten Regelungen hinsichtlich Aufnahme und Verteilung vor große Schwierig, keiten gestellt. So musste das Land zunächst aufgrund der Bestimmungen der britischen Militärregierung, die aus grundsätzlichen Erwägungen politisches Asyl gewähren wollte, sämtliche Zuwanderer aufnehmen.
Dagegen versuchten die deutschen Behörden eine Aufnahmeregelung zu finden, die zu ei. ner Beschränkung der Aufnahme von Zuwanderung aus der sowjetischen Zone führen sollte. Während einer Konferenz in Bad Segeberg wurde eine neue Zuzugsregelung gefunden. Zuzugsgenehmigungen sollten an Personen zum Zweck der Familienzusammenführung, hier besonders an Flüchtlinge und Evakuierte, entlassene Kriegsgefangene und angeforderte Fachkräfte, erteilt werden.
Aufgrund der stark angespannten Lage und der Weigerung vor allem der französischen Zone, Flüchtlinge aufzunehmen, gingen die Überlegungen hinsichtlich der Regulierung von Zuwanderung weiter. Dies kam in den Braunschweiger Richtlinien vom Februar 1948 zum Ausdruck. Aufgenommen werden sollten: „Echte“ Vertriebene östlich der Oder-Neiße Linie, „Displaced Persons“ auf schriftliche Anweisung der Militärregierung, entlassene Kriegsgefangene, politisch Verfolgte mit Attest der korrespondierenden Partei, Personen mit Zuzugsgenehmigung, Härtefälle (Menschlichkeit), Fachkräfte mit schriftlicher Bestätigung des Arbeitsamtes, entlassene Internierte, Familienzusammenführung.
Braunschweiger Richtlinien – Von „echten“ und „unechten“ Flüchtlingen
In Niedersachsen wurde im zentralen Durchgangslager Uelzen über die Aufnahme der Menschen aus Ostdeutschland entschieden. Die Regelung stand im Widerspruch zur Anordnung der britischen Militärregierung, wurde aber von derselben aufgrund der schwierigen Lage hingenommen. Damit war allerdings die Problematik entstanden, zwischen „echten“ und „unechten“ Flüchtlingen entscheiden zu müssen. Abgelehnte Flüchtlinge sollten, mit einer Fahrkarte versehen, in die sowjetische Zone zurückkehren. Außerdem war in den Braunschweiger Richtlinien nicht die Verteilung der Aufgenommenen geregelt worden. Damit hatte immer noch die Segeberger Vereinbarung Gültigkeit, die sich bei dem fortwährenden Flüchtlingsstrom als unzureichend erwies.
Die Gründe der deutsch-deutschen Ost-West Wanderung waren vielfältig. Sie konnten politisch motiviert sein, es kamen aber auch Menschen aus privaten oder wirtschaftlichen Gründen in den Westen. Viele der Flüchtlinge aus der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) waren Vertriebene. Die SBZ sollte laut Potsdamer Beschlüssen einen im Verhältnis größeren Teil der Menschen unterbringen. Das Thema ‚Vertreibung wurde dort komplett ignoriert und Vertriebene blumig verschleiernd als Umsiedler bezeichnet. Dem Regime in Ostdeutschland war diese anfängliche Abwanderung gar nicht unangenehm, wanderten mit den vermuteten Nationalsozialisten auch andere politische Gegner ab, die vermeintlich für den Westen eine zusätzliche Belastung bedeuten würden.”